Gressenich: Sagen u. Märchen





Berggeist zeigt eine Erzader an

Es war die Zeit, als die Bergleute von Gressenich und Umgegend auf eigene Faust nach Erzen suchten, die sie dann zur Schmelze brachten. Nach der Menge und Güte der Waren wurden sie ausbezahlt. Ein frommer Bergmann, der sehr arm und dazu noch mit einer zahlreichen Kinderschar gesegnet war, stand einst vor seinem wenig ergiebigen Ort (d. i. Die Stelle, wo gegraben wird). Plötzlich stand hinter ihm ein seltsam großer Mann, grüßte ihn mit dem bergmännichen Gruße: „Glück auf!“ und fragte ihn nach seinem Ergehen. Der Bergmann fasste Vertrauen zu dem Fremden, klagte ihm, dass er eine zahlreiche Familie habe, aber sein „Ort“ stehe so schlecht und werfe nichts ab, und so müsse seine Familie darben. Der Fremde, der der Berggeist war, sagte zu ihm: „Graf e wennig wigger (weiter) dörch, dann könns de op schünn Ehz!“ Der Bergmann tat es und stieß wirklich auf ein schmales Äderchen mit feinstem Erz. Mit neuem Mute grub er weiter. Seine Ausdauer wurde belohnt; denn auf einmal wurde die Ader breiter. Erfreut füllte er sein Säckchen voll und trug es hinauf zu Tage. Oben angekommen, begegnete ihm ein feiner Herr, in dem er den fremden Bergmann in den Gesichtszügen wiedererkannte, nur das er jetzt nicht in Bergmannstracht erschien. Der Fremde fragte ihn: „Häß de jetz Ehz fonge?“ „Jo, ich hann schünn Ehz fonge. Dat es et ieschte, wat ich drvann erusbränge,“ antwortete der überglückliche Bergmann. „Nu loß mich ens kicke, wat du dann im Säckelche häß.“ Der Mann legte sein Säckchen ab und zeigte dem Fremden sein Erz. Was aber war das! Vor Verwunderung konnte er kein Wort hervorbringen; denn das vermeintliche Erz war pures Gold. Beglückt und ganz gerührt dankte er dem Fremden für seinen Rat. Dieser aber entfernte sich freundlich lächelnd.

(Quelle: Volkskunde des Jülicher Landes v. Heinz Hoffmann; Teil 2 Sagen aus dem Indegebiet)